Teil 1 - Die Kunst als IT-Organisation schnell zu lernen und wertvolle Ergebnisse in kürzerer Zeit zu liefern.

Steht auch in Ihrem Leitbild etwas von Lernkultur oder lernender Organisation? Falls ja würde uns interessieren, wie ernst dieser Anspruch wirklich gemeint ist? Handelt es sich dabei um eine ehrgeizige Mission oder doch nur um eine Plattitüde? Um Ihnen bei der Beantwortung zu helfen, wollen wir das Zielbild der lernenden Organisation für Sie greifbar machen und Ihnen Muster vorstellen, die lernende Organisationen gemein haben.

Nur wer lernt, überlebt!

Corona sorgte dafür, dass das vielbeschriebene Konzept der VUCA-Welt binnen kürzester Zeit tatsächlich zur Realität wurde. Faktoren, wie die hohe Veränderungsgdynamik und Komplexität der Geschäftswelt, welche bis dato eher als theoretische Konstrukte wahrgenommen wurden, sind damit schlagartig spürbar geworden. Organisationen stehen angesichts dieser Veränderungsdynamik mehr denn je vor der existentiellen Aufgabe, sich schnell anpassen zu können. Hierzu lieferte der ehemalige CEO von General Electric, Jack Welch, die Pointe: „If the rate of change outside exceeds the rate of change inside, the end is in sight“.

Der Schlüsselfaktor zur Anpassungsfähigkeit ist dabei die organisationale Lernfähigkeit. Erst mit der Fähigkeit zu lernen ist es einer Organisation möglich, Umweltveränderungen frühzeitig wahrzunehmen und durch Veränderungen wirkungsvoll zu begegnen. Daraus resultiert, dass angesichts der Veränderungsgeschwindigkeit der Geschäftswelt, der einzige nachhaltige Wettbewerbsvorteil darin besteht, schneller als die Wettbewerber zu lernen. Die einzigen Organisationen, die es sich leisten können, nicht mehr bzw. in Schneckentempo zu lernen, sind dabei Organisationen ohne ernstzunehmenden Wettbewerb. Aber wo gibt es die heutzutage noch?

Viel Theater, wenig Ergebnisse. Fake-Veränderungen erkennen. 

Das Verständnis um die Wichtigkeit, als Organisation schneller als der Wettbewerb zu lernen, hat sich in Entscheiderkreisen, zumindest als Anspruch an die eigene Organisation flächendeckend manifestiert. Betrachtet man die Leitbilder großer IT-Organisationen, so erhebt fast jede den Anspruch, eine lernende Organisation zu sein oder zumindest sich dahin zu entwickeln. Häufig bleibt das Bild der "lernenden IT-Organisation" jedoch ein gut gemeinter visionärer Gedanke. Eine Analyse von außen auf die gelebte Unternehmenskultur macht deutlich, dass die propagierte und tatsächliche Kultur insbesondere im Aspekt der Lernkultur erheblich abweicht. 

Während fleißig Konzepte wie Working out loud, Communities of Practices, Gilden und Hackathons die IT-Organisation auf den Kopf stellen, bleibt die Frage unbeantwortet, wie sich diese Methoden letztlich in der Wertschöpfung bemerkbar machen. Oftmals entsteht der Eindruck, dass die genannten Methoden, welche allesamt ihre Daseinsberechtigung haben, neben der eigentlichen Arbeit kultiviert werden und keine tatsächlichen Ergebnisse am Ort der Wertschöpfung hervorbringen. Das Resultat ist das Theater um die lernende Organisation. Alle Beteiligten spielen dabei, häufig unbewusst, Rollen im Theaterstück der lernenden Organisation. - Der Kunde bemerkt davon oftmals wenig bis gar nichts. - Warum? Weil die eigentliche Arbeit immer noch gleich abläuft.

Eine mögliche Ursache liegt häufig in der Verkürzung des Verständnisses von Lernkultur. Eine lernende Organisation zu sein bedeutet mehr als Investitionen in Entwicklungsprogramme und Plattitüden im Leitbild. Vielmehr geht es darum als Organisation in der Lage zu sein, durch neues Wissen und neue Erkenntnisse in kürzester Zeit spürbaren Mehrwert zu schaffen. Fehlentwicklungen werden frühzeitig erkannt, und durch Verbesserungsmaßnahmen korrigiert. - Die Essenz der lernenden Organisation besteht also darin, schnell aus neuen Erkenntnissen und neuen Lernerfahrungen tatsächliche Effektivitäts- und Effizienzverbesserungen abzuleiten. Was propagiert wird, ist dabei nicht relevant. Es zählt was gelebt wird. 

Die echte lernende Organisation und was sie ausmacht

Sprechen wir über die lernende Organisation, betrachten wir mehr als die Summe der einzelnen Teams und Mitarbeitenden. Vielmehr beschreibt die lernende Organisation ein Zielbild des gesamten Systems, das wiederum das Lernen der Mitarbeitenden systematisch unterstützt. In der Praxis sind dabei drei Muster erkennbar, die lernende Organisationen gemein haben.

Lernende Organisationen liefern systematisch frühe, funktionierende Ergebnisse

Ein Grundprinzip, das mit der agilen Produktentwicklung verbunden wird, ist der sog. "Fail fast, fail cheap"-Ansatz. Die Essenz dessen besteht darin, den Entwicklungsprozess durch Kundenfeedback zu beschleunigen und Fehlentwicklungen bereits in frühen Entwicklungsstadien zu korrigieren. Lösungen werden nicht monatelang im stillen Kämmerlein geplant und entwickelt, sondern frühzeitig vorgestellt, überprüft und angepasst. Die Logik dahinter besteht darin, dass Feedback von Außen der wirksamste Lernbeschleuniger ist und sowohl Umsetzungsgeschwindigkeit als auch Qualität nachhaltig verbessert, da Annahmen überprüft und angepasst werden können. Liegen die Annahmen komplett falsch? - Umso besser, dass es schnell zu dieser Einsicht kam und nicht noch mehr Zeit auf dem Holzweg verbrannt wurde. Auf die Spitze getrieben wird dieses Mantra durch eine Pointe von Linkedin Gründer Reid Hoffman, der behauptet: „Wenn dir die erste Version deines Produktes nicht peinlich ist, hast du es zu spät auf den Markt gebracht.Das Grundprinzip ist hierbei: Beschleunigen der Lösungsentwicklung durch frühzeitiges Feedback, auch wenn es weh tun kann. 

Das Prinzip des Lernens durch frühzeitiges Feedback bildet in lernenden Organisationen dabei nicht nur eine Phrase im Leitbild, sondern wird durch entsprechende Strukturen im Entwicklungsprozess auch institutionalisiert und v.a. auch tatsächlich so gelebt. Dies gelingt unserer Erfahrung nach am besten dadurch, dass Lernschleifen in die richtigen Stellen der Ablauforganisation integriert werden. Erst wenn dieses Prinzip kollektiv verstanden und verinnerlicht wurde und sich im Verhalten der Beschäftigten tagtäglich widerspiegelt, kann man in diesem Fall von erfüllt sprechen. Bloß davon zu sprechen oder eine "positive Fehlerkultur" zu propagieren, reicht nicht.

In lernenden Organisationen wird Wissen proaktiv geteilt

Die lernende Organisation ist mehr als die Summe der Mitarbeitenden, sondern das Produkt der Interaktionen. Entsprechend reicht es nicht aus, die einzelnen Mitarbeitenden zu Lernüberfliegern zu entwickeln oder Weiterbildungsinvestitionen nach dem Gießkannenprinzip zu erhöhen. Entscheidend ist nämlich nicht, wie schnell einzelne Mitarbeitende lernen, sondern wie schnell das System bzw. die Organisation lernt. - Es kommt also auf die gelebten Interaktionen an. Wird Wissen proaktiv geteilt oder bewusst zurückgehalten? Unterstützten sich Kolleg:innen bereichsübergreifend in ihrer Kompetenzentwicklung? 

Lernende Organisationen fördern ebendiesen Wissensaustausch, insbesondere über team- oder bereichsgrenzen hinweg. Entsprechende Netzwerke sind dabei Gruppen, die ihr Handwerk kontinuierlich weiterentwickeln und in der Organisation voranbringen. Dies entspricht wiederum auch letztlich dem Ursprung der Gilde, als Zusammenschluss echter Handwerker. Dies geschieht in der lernenden Organisation allerdings nicht aus Prestigegründen, sondern vielmehr der technischen Exzellenz wegen. Der Anspruch nach technischer Exzellenz führt wiederum dazu, dass der Status Quo permanent herausgefordert und die Qualitätsstandards fortlaufend verbessert werden.

Lernende Organisationen verbessern kontinuierlich die Art und Weise, wie Wert geschaffen wird

Die technische Expertise bildet einen zentralen Baustein für eine effiziente IT-Organisation. Einen weiteren Baustein bildet die Organisation der Wertschöpfung selbst.

Eine Ende-zu-Ende Wertschöpfung erfordert i.d.R.  eine Zusammenarbeit mehrerer Teams. Entsprechend ist es weniger wichtig, wie effizient ein einzelner Experte oder das Team arbeitet, sondern wie effizient die Ende-zu-Ende Wertschöpfung selbst ist. Lernende Organisationen sind sich dessen bewusst und systematisieren auch hier das Lernen. Teamübergreifende Lernschleifen dienen dazu, nicht nur die Organisation und Zusammenarbeit innerhalb eines Teams, sondern innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette zu verbessern. Lernen darf an dieser Stelle nie nur reiner Selbstzweck sein, sondern muss immer das Ziel verfolgen, die Umsetzungsgeschwindigkeit und Qualität der IT zu erhöhen.

Pragmatische Veränderungen statt Zirkusshows

Eine lernende Organisation zu entwickeln gelingt nur, wenn die vorherrschende Kultur verstanden wird und durch gezielte Interventionen so entwickelt wird, dass spür- und messbarer Mehrwert entsteht. Ein pragmatischer Ansatz, der jedoch einen echten Quantensprung bedeuten kann, besteht darin, erst einmal die systematischen Lernhemmnisse aufzudecken und hier anzusetzen. Wenn die Strukturen und Prozesse das Lernen systematisch verhindern, helfen einzelne Interventionen oder Entwicklungsreihen nicht.

Nachhaltige Veränderungen der Lernkultur behandeln dabei keine Symptome, sondern gehen an die wirklichen Ursachen. Das Ziel der Interventionen ist dabei, eine lernende IT-Organisation aufzubauen, die dazu fähig ist, sich kontinuierlich selbst zu verändern. Kurzum eine agile Organisation in ihrem eigentlichen Sinn. An welchen Hebeln Sie bei der Entwicklung einet lernenden Organisation ansetzten sollten, möchten wir Ihnen gerne in demnächst vorstellen.

Haben Sie ihre eigene Organisation, zumindest in Teilen wiedererkannt?

Falls Sie den Status Quo wirklich verändern möchten, lassen Sie uns den Weg zur lernenden Organisation gemeinsam gestalten. 

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Ihr Autor

 

 

 

Alexander Popp, Consultant

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